Heute: Lily Verrier (Darstellerin)
Hallo!
Ich heiße Lily und bin 16. Ich mache seit Kurzem Modern Dance, nachdem ich das Ballett aufgeben musste. Mein Vater ist Franzose und meine Mutter Deutsche. Ich habe zwei Schwestern, eine ist 18 und die Kleine geht noch in den Kindergarten.
Vor etwas mehr als zwei Jahren überraschten unsere Eltern uns mit dem Plan, nach Deutschland zu gehen, damit wir unser Deutsch verbessern. Zuerst war ich traurig darüber, weil ich ja all meine Freunde verlassen sollte, aber dann erwartete ich mit Spannung unser Abenteuer. Jetzt leben wir seit zwei Jahren hier.
Von dem Casting für „Zementgarten“ habe ich durch meine Eltern erfahren. Aus lauter Stress im Deutsch-Französischen Gymnasium komme ich nicht mal zum Zeitung lesen. Manchmal habe ich Schule bis sechs Uhr abends, und dann muss ich noch Hausaufgaben machen!
Aber zurück zum Casting: Ich musste mir erstmal überlegen, ob ich da überhaupt hingehe. Eigentlich bin ich eher schüchtern, und außerdem sind das ja ziemlich harte Themen, die das Stück behandelt. Ich hatte etwas Angst. Zum Glück stellte sich die als unbegründet heraus, da alles sehr humorvoll angegangen wurde.
Das Vorsprechen sah ich schließlich als Chance, mein Deutsch zu verbessern und mal Leute außerhalb der Schule kennen zu lernen. Und ich dachte mir, dass es, egal ob ich genommen werde oder nicht, bestimmt eine gute Erfahrung wäre und eine Möglichkeit, mich weiter zu entwickeln.
Ich habe mich echt gefreut, dass ich ausgewählt wurde, und ich die Rolle der Mutter spielen durfte.
Auf der Bühne verliere ich meine Schüchternheit und werde ein ganz anderer Mensch, als ob es zwei von mir gäbe. Ich spiele wirklich gerne. Es macht mir Spass, Emotionen zu transportieren.
Anfangs war ich mir nicht ganz sicher, ob ich überhaupt eine Mutter spielen kann, schließlich bin ich noch so jung. Aber als die anderen Darsteller mir gesagt haben, dass ich glaubwürdig rüber komme, wurde ich selbstsicherer und bin mehr und mehr in die Rolle hinein gewachsen. Bestimmt fließt ein Teil meiner Persönlichkeit in die Rolle mit ein. Ich bin auch irgendwie mütterlich.
Und solche Probleme wie im Stück gibt’s überall, nicht nur in Büchern. Eltern lassen sich scheiden, man hört von Mitschülern, die versuchen sich umzubringen oder sich die Arme aufritzen, naja und so weiter… Überall gibt es Wunden, die nicht so einfach heilen. Ich bin froh, dass ich mich mit meinen Eltern gut verstehe.
Wenn ich vor so vielen Leuten auftreten muss, bin ich immer ganz aufgeregt, das war schon früher im Schultheater so. Umso mehr hat es mich erleichtert, wie gut das Stück ankommt. Klar, manche Szenen schockieren die Leute vielleicht. Meine Mutter zum Beispiel. War aber dann doch nicht so schlimm.
Nach den Proben bin ich schon in ein kleines Loch gefallen, weil wir echt eine Gemeinschaft geworden sind. Wir haben uns sechs Wochen lang fast jeden Tag gesehen, zusammen gegessen, gegrillt und alles. Auf einmal ist nur noch der Alltag da.
Vielleicht spiele ich ab September im Jugendclub am Theater mit. Hoffentlich habe ich genug Zeit dafür.
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